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Der Stand der Dinge 1

Freitag, Juni 18th, 2010

Seit der Diagnose ist viel passiert. Die Induktionstherapie und die Konsolidierungstherapie hab ich hinter mir und befinde mich in der sogenannten ersten Vollremission (1CR). Seit Weihnachten ist klar, dass ich zur mittleren Risikogruppe gehöre und deswegen im Anschluss an die Konsolidierungstherapie eine Stammzelltransplantation (SZT) machen soll.

Ich bin am 26.02.2010 nach Hause entlassen worden und seitdem warte ich. In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich allerdings das, worauf ich warte, mehrfach verändert. Zu allererst warte ich einmal darauf, dass sich meine Blutwerte erholen. Die dümpeln seit Monaten irgendwo im Keller rum (Stand 08. Juni: 2.800 Leukos, 54.000 Thrombos, aber immerhin ein HB von 12,8). Immer noch zu schlecht, um mit der nächsten Chemo weiterzumachen. Andererseits warte ich aber auch noch auf einen passenden Spender.

Im Dezember wurden meine Schwester und meine beiden Brüder auf übereinstimmende HLA-Merkmale getestet. Leider passen die alle nicht, deswegen musste im Januar die Suche nach einem Fremdspender eingeleitet werden. Dazu werden zunächst die Datenbanken des Zentralen Knochenmarkspenderregisters Deutschland durchforstet, in denen wiederum die Daten aller internationaler Spenderregister zusammenlaufen. Da nicht alle Spendewilligen in den bekannten Merkmalen typisiert sind, müssen teilweise auch weitere Blutuntersuchungen angeleihert werden. Zu einer solchen Blutuntersuchung wurde am 27.01.2010 auch ein Amerikaner gebeten, von dem ich bisher nur zwei Dinge weiss: seinen Codenamen, den er von der amerikanischen Datei vergeben bekommen hat, und seine HLA-Merkmale, die mit meinen übereinstimmen – bis auf das sogenannte Merkmal DQB-1. Ich kenne ihn aber erst seit Anfang Mai, da er vorübergehend in einem Auslandseinsatz steckte und als Spender nicht verfügbar war. Erst als er Anfang Mai wieder in die Heimat zurückgekehrt ist, wurde er mir als potentieller Spender angeboten, vielmehr dringend empfohlen. Ein Spender also mit einem sogenannten Mismatch, ein 9/10-Spender – unterm Strich jemand, der das Risiko erhöht.

Für mich ist das ein großes Dilemma. Bisher gab es keinen Plan – Chemo ging wegen der Blutwerte nicht, SZT wegen des fehlenden Spenders nicht. Nun also war endlich ein Spender gefunden und es gab endlich eine Therapieoption. Und trotzdem konnte ich mich nicht so richtig freuen. Das liegt zum einen daran, dass bisher statistisch nicht geklärt werden konnte, ob ich als Patient mit intermediärem Risiko von einer SZT überhaupt profitieren kann bzw. ob die Vorteile der SZT wirklich die enormen Risiken dieser Behandlung aufwiegen. Zum anderen haben sich seit Mai aber auch meine Blutwerte noch einmal verbessert; insbesondere mein HB ist fast normal und auch die Leukos sind wie oben gesagt immerhin auf 2.800 gestiegen. Ich fühle mich also sehr gut, genieße das Frühjahr und soll nun in eine Behandlung einwilligen, die meinen Körper erstmal wieder völlig zerstört und mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 30-60% bleibende Schäden verursacht. Keine leichte Entscheidung also.

Auch die Ärzte haben das Dilemma nicht wirklich behoben. Waren sie seit Dezember immer der Meinung, ich solle auf jeden Fall die SZT machen. Nun ist der Spender da

Bei der letzten Untersuchung am 08.06.2010 wurde das Dilemma dann seitens der Ärzte vorerst behoben: aufgrund der verhalten positiven Entwicklung meiner Blutwerte und aufgrund einer ergebnislosen Knochenmarkspunktion warten wir erstmal weiter ab, denn bei der Abwägung zwischen Chancen und Risiken sind die Ärzte momentan der Meinung, dass es zum jetzigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt ist, dass Risiko der Transplantation mit dem Mismatch-Spender einzugehen.